Restlicht
15. Juni 2018 bis Sept. 2018
Für Jörg Möller ist der Raum dazwischen wesentlich, das Unausgesprochene, Unerzählte, der Rest Unfassbarkeit seiner nächtlichen Langzeit-Belichtungen eigentlich alltäglicher Situationen.
Zwei einsame Plastikstühle auf einer mit Reif oder schon von einer dünnen Schneeschicht überzogenen Terrasse am Haus, die kahlen, stammlos wie aus dem Nichts von oben ins Bild baumelnden Zweige eines Baumes, das fast schmerzhaft grelle Licht aus dem kleinen Fenster, der einzige Verweis auf eine elektrische Lichtquelle inmitten der düsteren Szene und die Rückenansicht einer Gestalt im winterlichen Garten, weißer Schnee und schwarzer Schatten. Ganz banal und ziemlich unheimlich.
Der Mann auf dem Hocker wird zur »Erscheinung«, wie eine Projektion, eine Montage. Es könnte ein Selbstporträt sein, etwas Seltenes in Möllers fotografischer Arbeit. Der Mensch in der ortlosen winterlichen Natur ist nur noch schemenhaft auszumachen. Fast scheint er zu verschwinden.
Der Fotograf hat eine unübersehbare Neigung zu herb-strenger Poesie, lädt seine Motive philosophisch auf. Er fotografierte schon eine Reihe düsterer »Bilder vom Ende der Welt«.
Ingeborg Ruthe, Berliner Zeitung
Jörg Möllers Fotografien sind Langzeit-Belichtungen in der Nacht, sie sind fast ohne Restlicht entstanden. Sie zeigen alltägliche Situationen, Hausgärten, fast entleert von Menschen, die nur in einem Fall, im Familiengarten des Künstlers, ihn selbst als Schemen übrig lassen. In den düsteren Environments ist das elektrische Licht das letzte Zeichen von Leben. Alles scheint wie eingefroren. Die Orte, die tagsüber gemütlich und heimisch wirken mögen, zeigen in den Nachtzeiten ihre »Nachtseiten« – so als habe man dem gleichnamigen Text von Heinrich Heine aus seiner Vers-Sammlung »Deutschland Ein Wintermärchen« eine Sommernachtmahr hinzugefügt. Möller steht insofern in der Tradition der Schwarzen Romantik (Schauerromantik, Negative Romantik oder Dunkle Romantik). Es scheint, er zeichnet eine Naturgeschichte des Bösen mit der Kamera auf. Aus dem Banalen heraus atmet das Unheimliche den Betrachter an.
Olaf Arndt/BBM
Juni 2017